Downloadlink: 52-4 Was ich lebe, lebt Christus in mir – Gal 2,16-21
Gal 2,16-21
1. Exegese
1.1 Schreibe den Text ab und finde heraus wer handelt (evt. handeln soll) und Was Warum gemacht wird (werden soll)!
1.2 Beantworte folgende Fragen zum Text:
- Worum geht es im Galaterbrief?
- Worum geht es in den Versen unmittelbar davor?
- Beachte den starken Versanfang (Doch weil wir wissen)! 16
- Wer ist mit „wir“ gemeint?
- Was sind „Werke des Gesetzes“?
- Warum ist es wichtig „gerecht zu sein“?
- Was ist „Gerechtigkeit“?
- Beachte den Kontrast durch „sondern“!
- Was meint: „durch den Glauben“?
- Erkläre: „durch den Glauben, … zum Glauben“!
- Wer ist mit „wir“ gemeint?
- Was ist der „Glaube an Jesus Christus“?
- Beachte das Bindewort „damit“!
- Wieso bzw. wie wird man gerecht „durch den Glauben an Christus?
- Was bedeutet das Wort „Christus“?
- Sind „Werke des Gesetzes“ schlecht?
- Beachte das Bindewort „denn“!
- Warum kann niemand durch Werke des Gesetzes „gerecht“ werden?
- An welches Psalmwort erinnert diese Begründung?
- Beachte das Bindewort „aber“! 17
- Wer ist mit dem „wir“ gemeint?
- Was will Paulus im Vers 17 sagen?
- Beachte das Bindewort „denn“! 18
- Beachte den Wechsel in der Person!
- Was hat Paulus „abgebrochen“?
- Was meint er mit „wieder aufbauen?
- Beachte das Bindewort „denn“! 19
- Was bedeutet: „durchs Gesetz dem Gesetz gestorben“?
- Beachte das Bindewort „damit“!
- Wie versteht Paulus das Wort „leben“ hier?
- Was bedeutet: „mit Christus gekreuzigt sein“?
- Beachte die Bindeworte: „doch; sondern und denn“! 20
- Wie lebt Christus „in mir“?
- Wann fing diese Zeit, die mit „nun“ gemeint ist, an?
- Wie kann man das „Leben im Glauben“ beschreibend erklären?
- Was ist mit „Fleisch“ gemeint?
- Beachte die dreifache Charakterisierung Jesu!
- Was ist mit „Gnade Gottes“ gemeint? 21
- Wie kann man sie „wegwerfen“?
- Um welche Gerechtigkeit geht es hier noch einmal?
- Was meinen die Worte „vergeblich gestorben“?
- Warum hat Paulus diese so persönlichen Zeilen „so heiß“ geschrieben?
- Was wollte er den Galatern damit sagen?
1.3 Gliedere den Text in Abschnitte und gib Überschriften
1.4 Formuliere den Hauptgedanken des Textes in einem Satz!
Etwa so: Der Autor wollte seinen Lesern sagen, …
1.5 Verschiedene Vorschläge zum Text:
1.5.1 Für die Gliederung
1.5.2 Für den Hauptgedanken
2 Homiletik
2.1 Wo trifft der Hauptgedanke des Textes das Leben meiner Gemeinde?
Formuliere ein Predigtziel als Satz!
2.2 Plane / gliedere einen Weg zu deinem Predigtziel!
2.3 Verschiedene Vorschläge zur Predigt:
2.4 Sammle Beispiele, Zitate und Anwendungsideen:
- Unser Abschnitt ist dem Zusammenhang entnommen, der von 11-21 reicht und seinen Ausgangspunkt in dem Zwischenfall von Antiochia hat (11). Von 14b reproduziert Paulus das seinerzeit zu Petrus Gesagte. (Voigt)
- Dass „wir“ in den Versen 15-17 meint deutlich nicht die heidenchristlichen Galater, sondern – 15 – die „gebürtigen Juden“. (Voigt)
- Paulus sagt: ‘Auch wir‘, die wir gebürtige Juden sind und also als Erwählte Gottes einen erheblichen Vorzug (Röm 2,17ff;3,1ff; 9,4f; Phil 3,5) vor den Heiden haben, haben hier umdenken gelernt, indem wir zum Glauben gekommen sind. (Voigt)
- Für die Juden hängen Glauben und Werke aufs engste zusammen. Ja, der Glaube ist selbst ein Werk. (Voigt)
- Meint „Sünder“ (17) dasselbe wie in 5, oder ist daran gedacht, dass der Glaube am faktischen Sündersein nichts ändert? Oder sagt man „uns“ nur fälschlich nach, wir seien Sünder? (Voigt)
- Indem Petrus, an einem Tisch mit Heidenchristen, auf einmal ein schlechtes Gewissen bekommt, stempelt er die neugewonnene Freiheit in Christus zur Sünde und macht Christus zum Sündendiener. (Voigt)
- Petrus hat, als er sich zurückzog und absonderte (12), zu erkennen gegeben, dass er den Standpunkt des „sola fide“ als Übertretung ansieht. (Voigt)
- „Durch das Gesetz“ (19) (man könnte erwarten: durch die Taufe) – deshalb nämlich, weil es mich, den Sünder, verurteilte, so dass ich kein Recht auf Leben mehr hatte. „Dem Gesetz“ – denn es hat nun keine Ansprüche mehr zu stellen, seit ich ihm weggestorben bin (Röm 6,7.10; 7,2-6; Kol 2,12). (Voigt)
- Der Christ ist mit seinem Herrn gestorben. Sein neues Leben ist eigentlich nicht seines, sondern das seines Herrn (20). Ähnlich Kol 3,3f. Gedacht ist im Schema der beiden Äonen. Der kommende Äon ragt in den alten herein. Das Leben im Fleisch ist trotz Gestorbenseins, nicht zu Ende, es wird im Glauben an Christus ständig transzendiert. (Voigt)
- Wir wissen alle, dass die hier gemeinte Sache enorm wichtig sein muss, und können doch meist nur sehr unvollkommen sagen wieso. (Voigt)
- Das Evangelium des Sonntags (Lk 18,9-14) könnte zur Veranschaulichung helfen (Voigt)
- Ein wenig leid tut einem derjenige, der in diesem Falle die Kosten trägt: Petrus. Er wird scharf attackiert. … Er wird einer falschen Theologie überführt. … Dass dergleichen im NT vorkommt, ist ein Trost. (Voigt)
- Der Herr der Kirche benutzt auch Irrungen und Niederlagen, um uns weiterzuführen. (Voigt)
- Es geht in unserm Text um die Ausschließlichkeit der Gnade. (Voigt)
- Als Luther in Röm 3,28 das „allein“ dem Wortlaut zufügte, ging er über die Kompetenzen des Übersetzers, nicht aber des Exegeten hinaus. (Voigt)
- Es ging nicht darum, ob man beim Eintritt in die Kirche Jesu Christi Heidnisches abtun und mit alten bösen Gewohnheiten brechen solle oder nicht; hierüber lässt das NT keinen Zweifel. (Voigt)
- Es handelt sich hier, in Antiochia, um die Frage, was zum Heil nötig ist! (Voigt)
- Fraglich war nicht, ob wir in irgendeiner Ordnung leben sollten oder ohne alle Ordnung. (Voigt)
- Nachdem klargestellt ist, dass „die Herzen gereinigt“ werden „durch den Glauben“, noch deutlicher, dass Juden- wie Heidenchristen „durch die Gnade des Herrn Jesus gerettet werden“, kann man sich unbefangen darüber unterhalten, was aus dem Mosegesetz auch den Heiden zu halten dienlich ist (Apg 15,9. 11. 20. 29). (Voigt)
- Durch das Verhalten des Petrus muss man schließen, dass Christus allein unser Heil nicht schafft, sein rettendes Handeln also ergänzungsbedürftig ist. Dann heißt es, Christus und das Gesetz, die Gnade und die fromme Leistung. (Voigt)
- Wo man – in der Predigt oder in der Praxis – das „sola fide“ nicht stehen lässt, da ist es aus mit der Heilsgewissheit. (Voigt)
- Die Entscheidungssituation wird nicht vom Glaubenden herbeigeführt; indem einer glaubt, ist für ihn entschieden, was zu entscheiden ist. (Voigt)
- Vielleicht hat Petrus nicht gewusst, wie ihm geschah, als ihm Paulus in Antiochia mit solchen Reden „ins Angesicht widerstand“. … Ernster wäre die Lage, wenn Petrus wider besseres Wissen einer Einschüchterung, einer Terrorisierung des Gewissens, gewichen wäre. Am schlimmsten müsste es sein, wenn dem Petrus selbst das „sola fide“ im Kern fraglich geworden wäre. Im letzten Fall musste Paulus um des Petrus willen, – in jedem Falle aber musste er um der ganzen Gemeinde willen – widerstehen. (Voigt)
- Paulus kritisiert bei aller Schärfe auf eine feine Art. Er schließt sich in dem „wir“ mit Petrus zusammen. (Voigt)
- Das Gesetz scheidet nicht deshalb als Heilsweg aus, weil wir mit ihm nicht zustande kommen, also hinter dem vom Gesetz geforderten Pensum weit zurückbleiben. Es scheidet darum aus, weil es von vornherein nicht Heilsweg sein sollte (3,10.19), es auch niemals hätte werden können (2,16). (Voigt)
- Auf Gnade sind wir nicht deshalb angewiesen, weil wir auf dem Wege des Gesetzes nicht weit genug vorankommen, sondern weil dieser Weg als solcher nicht zum Heil führt, selbst wenn es gelänge, ihn bis ans Ziel zu gehen. (Voigt)
- Der Pilot, der im Start auf der Piste schon zu rasender Geschwindigkeit gelangt, dann jedoch unschlüssig ist, ob er das Höhensteuer hochziehen soll oder nicht, führt notwendig die Katastrophe herbei. Er darf nicht fahren wollen, wo er doch fliegen muss. (Voigt)
- Dem angefochtenen Menschen hilft nur die bedingungslose Gnade, und dem (noch) nicht angefochtenen Menschen, wird die Illusion der bedingten Gnade zum Verhängnis. (Voigt)
- Indem Petrus es an Mut zum Glauben fehlen ließ und ein bestimmtes gesetzliches Wohlverhalten neben Christi Werk stellt, verleugnete und entwertete er das Evangelium im Ganzen. (Voigt)
- Wenn wir hier nicht klar sehen, dann wird die Gemeinschaft zerstört. … Tischgemeinschaft meint Abendmahlsgemeinschaft. … Man müsste dann sagen: „So sind wir Vielen nicht mehr ein Leib.“ Die Kirche ist auseinandergebrochen. (Voigt)
- Das Gesetz ist gut – wir sind nicht gut. Solange das so ist, werden wir das Gesetz für uns – gegen den andern – ausnützen wie der Pharisäer im Gleichnis (Lk 18,9ff) und damit doppelt schuldig werden. (Voigt)
- Der Glaube an den Menschen und seine Eigengerechtigkeit reißt Gräben zwischen den Menschen auf. (Voigt)
- Keine Vorbedingungen für den Empfang der Gaben Jesu! Unsere Predigt kann dies nicht deutlich genug ausführen. Ob wir evangelisch predigen, wird sich an dieser Ausschließlichkeit zeigen. Wir haben denen, die nichts „mitbringen“ das Angebot der geschenkten Gerechtigkeit Christi zu machen, ohne Bedingungen und Einschränkungen. (Voigt)
- Wer kommen will, ist willkommen! Die Weltanschauung macht es nicht, auch nicht Bildung, Erziehung, Rasse und Herkommen, Kleidung oder Manieren. Gleich, wer sie sind: die sich innerlich leer fühlen oder übersatt; Leute des Erfolges wie Versager; die es zu etwas gebracht haben oder solche mit verpfuschtem Leben und mit den vielen vergeblichen Neuansätzen und Aufschwüngen; Outsider, die in kein Schema passen, wie unauffällige Normalbürger. Jesus will sie alle – die Gewissensfrage an uns ist, ob wir sie wollen. (Voigt)
- Weil nicht nur der Versager Sünder ist, sondern auch der Erfolgsmensch, nicht nur der Ausgerutschte, sondern auch der mit dem „geordneten“ Leben, müssen alle eingeladen werden. (Voigt)
- Man sieht, wie schnell das Problem: Juden – Heiden sich in die Fragenkomplexe unseres eigenen täglichen Lebens umsetzt. … Allzu leicht gewinnen bestimmte fromme Praktiken und Lebensweisen automatisch den Charakter des Heilsnotwendigen. (Voigt)
- Es könnte sein, ich ziehe mich zurück und sondere mich ab, weil der andere ein Christ andern „Stils“ ist. (Voigt)
- Weh, wenn wir unsere Weise, Christ zu sein, den anderen als heilsnotwendig aufnötigen – oder uns, wenn sie nicht mitziehen, distanzieren. (Voigt)
- Heilsnotwendig ist Christus, der in Seinem Wort und mit Seinen Sakramenten zu uns kommt und uns durch das, was Er tut, zu Seinem Leibe macht. Christus verbindet. (Voigt)
- Ohne Christus kein Heil – ohne Wort und Sakrament kein Christus – ohne die Kirche kein Wort und kein Sakrament. Aber nichts davon interessiert als „fromme Leistung“, sondern nur als Christi Werk und Gabe. (Voigt)
- Manche befürchten, dass das „sola fide“ missdeutet werden kann, als sei damit – Hauptsache du glaubst – ein Leben in Ungehorsam, Unordnung und Gottlosigkeit gedeckt und freigegeben (Röm 6,1). (Voigt)
- Auch Paulus kennt den Fall, dass die Gemeinde jemanden die Gemeinschaft aufkündigen oder sie wenigstens zeitweise unterbrechen muss – dann, wenn jemand den Herrn nicht liebhat (1Kor 16,22), gemeint ist, die Nicht-Zugehörigkeit zu Ihm oder wenn unbereute schwere Sünde vorliegt (1Kor 5,11). (Voigt)
- Solange ich darauf aus bin, geduldetes einzufordern, ist Gott nicht mehr Gott. „Für Gott leben“ – das müsste anders aussehen. (Voigt)
- „Ich bin mit Christus gekreuzigt“ – Paulus hat sich nicht einen neuen Lebensstil angewöhnt. Er ist aus dem Geflecht gesetzlicher Regeln und Verpflichtungen, aus dem mechanischen Zwang gesetzlichen Lebens, mehr noch, aus der Tyrannei des Gesetzes heraus. Das Gesetz ist zwar noch da – aber ich bin weg! Ich lebe nämlich nicht mehr. Ein neuer Anfang ist geschehen. Mein Leben lebt jetzt Christus (Kol 3,1-4). (Voigt)
- Der neue eschatologische Mensch ist in der Taufe geschaffen worden. ER trägt unverwechselbar meinen Namen. Ich sehe ihn nicht. Aber indem ich an Christus glaube, nehme ich zugleich die Tatsache meines neuen Lebens ernst. (Voigt)
- Paulus weiß, dass er noch „im Fleische“ lebt (20b). Sagt er, er sei gestorben, so greift er über das empirische hinaus. Im Glauben erfasse ich meine Zukunft, die in der geheimnisvollen Anwesenheit der Einwohnung Christi schon Gegenwart ist. (Voigt)
- Welche Freiheit!: Sich nicht mehr zur Geltung bringen, sich nicht mehr verteidigen, den anderen nicht mehr ausstechen, den eigenen Standpunkt nicht mehr so humorlos durchpauken müssen. Stattdessen: Vergebung begehren, empfangen und gewähren! Christus lebt in mir. Ich brauche nichts weiter zu tun als seine Anwesenheit ganz ernst zu nehmen und mich wie ein Kind darüber zu freuen, dass er mich trotz allem liebt. (Voigt)
- Der Vergleich mit 2,1-10 zeigt deutlich eine Steigerung. Schon in Jerusalem mündete ein konkretes Problem in eine grundsätzliche Erörterung der „Wahrheit des Evangeliums“ (V. 5 und 14). … Der Unterschied bestand allerdings in den Widersachern. In Jerusalem musste Paulus Amt und Botschaft gegen Falschbrüder behaupten, in Antiochien jedoch gegen einen der Urapostel, dazu gegen seinen engsten Verbündeten Barnabas. (Brandenburg)
- Würde Paulus auch jetzt dem Evangelium treu sein oder gegen seinen eigenen Wahlspruch von V. 6 verstoßen: „Kein Ansehen der Person!“? So haben wir hier den Gipfel des ersten Briefteils, auch sein theologisches Kernstück. (Brandenburg)
- Die Aussagen sind noch ganz durch die Kampfsituation geprägt, wie Felsbrocken hingeworfen. Erst im zweiten Briefteil ab 3,6 geht Paulus auf die exegetischen Einzelheiten und auf verschiedene sich ergebende Gesichtspunkte ein. (Brandenburg)
- Woran streng jüdisch lebende Christen abgesehen von den Punkten des Aposteldekrets (Apg 15) Anstoß nehmen konnten, war immer noch genug. Schon vor Beginn der Mahlzeit war da die Pflicht zum rituellen Händewaschen, ebenso zu einer Weihung aller verwendeten Becher, Krüge und Töpfe (Mk 7,3f), ferner zum Verzehnten der Speisen bis hin zu Minze, Dill und Kümmel (Mt 23,23). Auch in die Auswahl der nichtfleischlichen Speisen griffen die Satzungen ein. Früchte junger Obstbäume waren während der ersten drei Jahre untersagt (3Mo 19,23-25), ebenso Nahrungsmittel, die in fremden („unreinen“) Ländern erzeugt worden waren. Für strenggläubige Juden war es das beste, von solchen Veranstaltungen überhaupt fernzubleiben (vgl. V. 12). (Brandenburg)
- Die jüdischen Speisegebote liegen dem heutigen Europäer fast so fern wie die Beschneidungsforderung, so dass in diesem Punkt ein Informationsbedarf angezeigt ist. Schon die bekannte Geschichte in Daniel 1 zeigt anschaulich, wie der fromme Jude um der Speisereinheit willen Leib und Leben aufs Spiel setzte. In urchristlicher Zeit stand dieses Thema riesig zwischen Juden und Heiden. Nicht umsonst widmete Paulus ihm im Römerbrief 36 Verse und im 1Kor etwa 24 Verse (Röm 14,1-15,13; 1Kor 8,1-13; 10,23-32). Die grundsätzliche Aufhebung dieser Trennung bei Tisch war aber nicht eine Neuerung erst des Paulus. Vor ihm wurde bereits Petrus auf diese Linie geführt, wie Apg 10 und 11 breit erzählt. Mehr noch: Schon der irdische Jesus zog das Murren der Repräsentanten jüdischer Frömmigkeit auf sich, weil er mit Leuten („Sündern“!), die sich über die jüdischen Satzungen hinwegsetzten, zusammen aß (Mk 12,16; Lk 15,2). Markus stellt das Thema in 7,1-23 groß heraus. Höhepunkt ist Jesu Proklamation der Speisefreiheit durch ein Machtwort in V. 18f, das Markus so kommentiert: „Wodurch er alle Speise für rein erklärte“ (V. 19c). Eine Barriere war niedergelegt. (Brandenburg)
- Bezeichnenderweise schließt sich dort die Geschichte von der heidnischen Mutter an, in der auch das Thema gemeinsamen Essens aller von einem Tisch antönt. Diese Geschichte weist prophetisch auf Heidenmission hin. Botschaft an alle gibt es erst, wenn man zusammen essen kann. Die Speisegebote wirken gemeinschaftshindernd und untergraben damit die Voraussetzung aller Mission, die Nächstenliebe. Darum wurde „zusammen essen“ geradezu ein urchristliches Programmwort. Doch Programm ist noch nicht Praxis. Nur mühsam setzte sich auf diesem Gebiet die „Freiheit, die wir in Christus Jesus haben“ (Gal 2,4) im ersten Jahrhundert durch. (Brandenburg)
- Vers 16 bringt den Grundentscheid des Gal. Er wird geradezu eingehämmert, dargeboten in dreifacher Ausführung: V. 16a unterbricht den zeugnishaften Stil von V. 15 und formuliert in Form eines Partizipialsatzes die dogmatische These. V. 16b bringt dieselbe Wahrheit in Zeugnisform, als Erfahrung der eigenen Geschichte. V. 16c untermauert die These mit einem Schrifthinweis. (Brandenburg)
- Zeitlos wird festgestellt: Der Mensch wird durch Gott nicht gerecht gesprochen. Gemeinsame Verlorenheit im Gericht umschlingt sie alle, Juden und Heiden. Aber nicht nur für die Verlorenheit, auch für die Rettung gilt diese Unterschiedslosigkeit. Beim Ertönen des Evangeliums lautet die Unterscheidung nicht mehr Juden und Heiden, sondern Glaube und Unglaube. (Brandenburg)
- Nach den Zusammenhängen geht es nicht um Werke, die das Gesetz seinerseits im Menschen zustande bringt (Genitivus subjectivus), sondern die der Mensch im Hinblick auf das Gesetz und gemäß diesem Gesetz selber tut (Genitivus objectivus), und zwar richtet er dieses Tun wie ein Instrument auf Gott, um ihn damit zu bearbeiten. Er will durch solche dem Gesetz entsprechenden Werke „gerecht werden vor Gott“ (Röm 3,20). (Brandenburg)
- Die Gegenformel lautet: gerecht gesprochen durch den Glauben an Jesus Christus. Gott spricht den Menschen nicht als einen Täter gerecht. … Gott will von der Schöpfung an und auch in der Erlösung ganz anders Gott sein, nämlich fürsorglicher Vater, der seinerseits für den Menschen aufkommt – ungeahnt und umfassend. Dieser ursprüngliche Gotteswille ist in Jesus Christus, besonders in dem Christus der Passion, in Fülle ans Licht getreten. Was es um diesen Glauben ist, wird Paulus in 3,6-9 und 12 vertiefen. (Brandenburg)
- Paulus argumentiert also gegen das Gesetz mit nichts anderem als mit dem Ausschließlichkeitsanspruch Jesu Christi. Weil Christus unsere ganze Gerechtigkeit ist (1Kor 1,31; 2Kor 5,11), sind es nicht die Werke des Gesetzes, durch die wir unsere Gerechtigkeit erlangen. Weil Christus alles ist, ist das Gesetz nichts. (Brandenburg)
- In 16b nimmt Paulus das betonte „wir“ von V. 15 auf: Wohlgemerkt auch wir, nämlich wir Judenchristen, sind zum Glauben an Christus Jesus gekommen, damit wir gerecht gesprochen werden aus Christusglauben und nicht aus Werken des Gesetzes. (Brandenburg)
- 16c ist eine Anspielung auf das Schriftwort in Ps 143,2 und rundet den Vers ab: denn aus Werken des Gesetzes wird kein Fleisch gerecht gesprochen werden. Der alttestamentliche. Bußpsalm sagt allerdings statt „kein Fleisch“ „kein Lebendiger“, was jedoch übereinstimmend bedeutet: kein Mensch. (Brandenburg)
- In Röm 3,20 wiederholt Paulus diesen Bezug auf Ps 143. Daran erkennt man, dass dieses Schriftwort ihm eine Entdeckung war, nämlich eine Stelle im AT, die tiefer greift als der Mosebund und sich dem einfügt, was Paulus an der Christusoffenbarung aufgegangen war. (Brandenburg)
- In 18 sagt Paulus: Petrus selbst war schuld, dass er jetzt als Übertreter dasteht. Wenn ich nämlich das, was ich (früher) niedergerissen habe, wiederaufbaue, stelle ich mich selbst als Übertreter hin. (Brandenburg)
- Ab jetzt (19-21) behandelt Paulus das Thema der Gesetzesfreiheit auf einer neuen Ebene. Bisher hatte er sie denkbar einfach und wuchtig mit Offenbarung begründet. Die Christuswirklichkeit leuchtete auf und machte alles klar. So hatte er es existentiell erfahren. Nicht auf dem Wege des Nachdenkens gelangte er zur Gesetzesfreiheit. Das schloss aber nicht aus, dass er über sein Damaskus dann auch nachgedacht hätte. (Brandenburg)
- Das geschieht im Ich-Stil, Zeile für Zeile. Dabei regieren aber nicht mehr wie eben in V. 18 pädagogische Gründe, sondern ab jetzt haben wir ein echtes hochpersönliches Zeugnis vor uns. Mit V. 20 kommt dieses Bekenntnis zu einem ganz ungewöhnlichen Höhepunkt. (Brandenburg)
- Die Redeweise vom geistlichen Sterben (19) findet sich der Sache nach schon bei Jesus (Mk 8,34) und häufig bei Paulus, und zwar in verschiedenen Zusammenhängen (5,24 und 6,14). … Wir heute denken beim Sterben unwillkürlich an das biologische Geschehen, etwa an einen abgestorbenen Baum, dessen Säfte und Kräfte vertrocknet sind. Nun übertragen wir so: Wir sind der Sünde abgestorben; in uns ist jedes Gelüste, jede Begierde und Empfänglichkeit für sie erloschen. Dann aber erfahren wir nach wie vor die „Begierden des Fleisches“ nach Gal 5,16-17. Damit scheint die Unwirksamkeit Christi und unseres Glaubens erwiesen zu sein. Resigniert stellen wir fest, dass das paulinische Zeugnis vom geistlichen Sterben höchstens auf eine christliche Elite zutreffen mag, der wir uns nicht zurechnen mögen. (Brandenburg)
- Sterben hat aber nicht nur den biologischen, sondern z.B. auch einen medizinischen, psychologischen, sozialen und juristischen Aspekt. (Brandenburg)
- Wie geschieht dies geistliche Sterben und dieser Herrschaftswechsel? Hier kann der zweite Satz des persönlichen Bekenntnisses des Apostels weiterhelfen (V. 19b): (Brandenburg)
- In 3,1-5 wird uns ein positiver Weg gewiesen: Wir setzen uns dem Evangelium aus. So fängt es an und anders geht es auch nicht weiter. Dieser Weg ist ohne Unterlass zu gehen, auf ihm kommt Gott uns entgegen und spricht uns durch den Heiligen Geist mit Christus zusammen, so dass Sein Geschick – Sein Sterben, Begraben werden und Auferstehen – unser Geschick wird, nach dem Wort: „Alles, was Mein ist, ist dein“ (Lk 15,31; vgl. Joh 17,10). (Brandenburg)
- Innerhalb der Gedankenkette des Paulus steht „ich starb“ (19) parallel zu „wir kamen zum Glauben an Jesus Christus“ in V. 16. Als Christus ihm offenbart wurde und er Christus im Glauben empfing, war er auch mit Ihm dem Gesetz und der Welt gestorben. (Brandenburg)
- Ich lebe noch nicht im Himmel, sondern durchaus in geschöpflich-irdischen Zuständen. Ich bin als „Erdling“ von Erde genommen, muss wieder Erde werden und bin dazwischen immer „geerdet“. Er vergegenwärtigt durch diesen kurzen Ausdruck, dass nichts an ihm vorbeigeht. Christsein ist für ihn: Im Glauben lebe ich! Er nimmt diese Dinge in den Glauben hinein. Er liefert seine Verhältnisse an den Herrn aus und den Herrn an die Verhältnisse. Er konfrontiert sie mit Jesus. Im Fleisch leben und im Glauben leben beißt sich für ihn nicht. (Brandenburg)
- Die zwischen dem Vater und dem Sohn schwingende Liebe weitete sich aus und bezog die Welt ein: Der mich geliebt hat. Er wollte leidenschaftlich uns und noch einmal uns. Dafür war er rücksichtslos gegen sich selbst. Weder den Vater noch den Sohn schonend, offenbarte sich die göttliche Liebe überströmend bis zum Selbstopfer: und sich selbst für mich hingegeben hat. Wir waren Gott teurer als Sein Teuerstes. (Brandenburg)
- Paulus hält an seinem Entweder-Oder fest (21): Wenn nämlich durch das Gesetz Gerechtigkeit (kommt), wäre folglich Christus zwecklos gestorben. (Brandenburg)